Größte Schweinemast Niedersachsens

(Stand 9.11.2022) Vor mehr als zwei Jahren hat das Deutsche Tierschutzbüro erschreckendes Bildmaterial aus der größten Schweinemast Niedersachsens veröffentlicht. Der Mastbetrieb liegt in Sustrum, im Landkreis Emsland. Verteilt auf drei Hallen wurden dort ca. 15.000 Tiere gehalten. In der kleinen Ortschaft leben etwa 10-mal mehr Schweine als Menschen. Die Videoaufnahmen von damals zeigen, wie Tiere dicht gedrängt aneinander und in ihrem eigenen Kot stehen mussten. Viele der Tiere waren schwer verletzt, das Videomaterial zeigt Tiere mit riesigen Tumoren und Abszessen. Einige der Tiere waren bereits tot.
Schockierende Zustände
Das Material, das uns aus dem Juli 2020 vorliegt, schockiert! Teilweise konnten sich die verletzten Tiere nur noch humpelnd fortbewegen. Viele der Tiere hätten damals dringend tierärztlich behandelt werden müssen. Eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenbucht war auf den Bildern nicht zu erkennen. Ganz offensichtlich kam der Betreiber seiner Fürsorgepflicht hier nicht nach und ließ die Schweine einfach leiden.
In dem Betrieb werden ca. 45.000 Schweine pro Jahr gemästet. Damit ist die Mastanlage die größte Schweinemast Niedersachsens. Nach Recherchen des Deutschen Tierschutzbüros waren damals die Hauptabnehmer der Schweine die Firma Tönnies in Sögel und Vion in Emstek. Nach Bekanntwerden der Missstände haben beide Firmen die Abnahme der Tiere eingestellt.
Trinkwasser bewusst abgestellt
Besonders erschreckend war, dass in den beiden dokumentierten Nächten im Juli 2020 das Trinkwasser der Tiere offenbar ganz bewusst vom Betreiber abgestellt wurde. Es handelt sich hierbei um eine genauso beliebte wie grausame Methode in der Schweinemast. Gesetzlich ist diese Praktik verboten! Ziel ist es, dass die Tiere am nächsten Morgen schneller einen hochkalorischen Futterbrei aufnehmen. Je schneller die Tiere fett werden, desto mehr Profit macht der Betreiber.
Gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen
Es wurde auch noch an anderen Stellen gegen das Gesetz verstoßen. An einigen Stellen wurden die gesetzlichen Vorgaben von max. 2 cm Spaltenbreite nicht eingehalten. Diese waren zum Teil ca. 10 cm groß – eine absolut nennenswerte Verletzungsgefahr für die Tiere. Vermutlich bestand dieser bauliche Missstand schon seit Errichtung der Mastanlage vor etlichen Jahren. Offenbar fanden in dem Betrieb kaum Kontrollen statt oder es wurde einfach nicht richtig hingeschaut. Dabei handelt es sich bei dieser Schweinemast sogar um einen QS-zertifizierten Betrieb. QS ist ein Prüfzeichen für Lebensmittel, das auf vielen Fleischprodukten im Supermarkt zu finden ist.
Veterinäramt bestätigt die Missstände
Aus im Mastbetrieb vorgefundenen Unterlagen war erkennbar, dass viele der Tiere an Durchfall und Lungenentzündungen litten, teilweise 50 % aus einer Bucht. Behandelt wurden diese Tiere mit Antibiotika. Die Missstände in dem Betrieb waren so schockierend, dass noch am gleichen Tag, als die Aufnahmen entstanden sind, das zuständige Veterinäramt in Meppen informiert worden ist. Dies erfolgte Ende Juli 2020. Bei einer anschließenden, unangemeldeten Kontrolle durch das Veterinäramt wurden die beschriebenen Verstöße ebenfalls festgestellt, das Amt informierte daraufhin die zuständige Staatsanwaltschaft in Oldenburg.
Es geht vor Gericht
Auch das Deutsche Tierschutzbüro hatte eine umfangreiche Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg erstattet, die daraufhin die Ermittlungen aufnahm. Im Sommer 2022 wurde gegen zwei der Verantwortlichen der Schweinemastanlage Strafbefehl über je 165 Tagessätze erlassen. Gegen diese Strafbefehle wurde Widerspruch eingelegt, daher kam es am 31.01.2023, 21.02.2023, 08.03.2023 und 22.03.2023 vor dem Amtsgericht Papenburg (Niedersachsen) zur Verhandlung. Ab 91 Tagessätzen gilt man in Deutschland als vorbestraft.
Vor der Urteilsverkündung fand eine von uns initiierte Demonstration vor dem Amtsgericht in Papenburg statt, an der etwa 15 Personen teilnahmen und eine Verurteilung der Tierquäler forderten. Während der Kundgebung haben wir erneut auf das Leid der Tiere in Massentierhaltungen aufmerksam gemacht und betont, dass Millionen von Tieren unter solchen Bedingungen leiden. Wir haben den Menschen nahegelegt, eine vegane Ernährung in Erwägung zu ziehen, um Tierquälerei zu beenden.
Update (22.03.2023) Heute fand der letzte Verhandlungstag statt. Die Verantwortlichen der größten Schweinemast in Niedersachsen wurden jeweils zu 85 Tagessätzen à 100 Euro verurteilt, was insgesamt 8.500 Euro entspricht. Zusätzlich dazu hat das Gericht angeordnet, dass sie auch die Kosten für Gericht, Anwälte und Gutachter tragen müssen, welche sich auf etwa 15.000 bis 20.000 Euro belaufen.
Das Urteil ist nicht so streng ausgefallen, wie wir es uns gewünscht hätten. Die beiden Angeklagten sind im Grunde mit einem blauen Auge davon gekommen, da man in Deutschland erst ab 90 Tagessätzen als vorbestraft gilt. Wir waren jedoch erleichtert, dass es überhaupt zu einer Verurteilung gekommen ist, da in den meisten Fällen von Tierquälerei das Verfahren ohne Konsequenzen eingestellt wird. Allerdings haben die Anwälte der Verurteilten angekündigt, Berufung einzulegen, da sie Verfahrensfehler sehen.
Update (21.02.2023) Am heutigen 2. Verhandlungstag ging die Beweisaufnahme weiter. Im Mittelpunkt stand dabei das Videomaterial aus dem Betrieb. Hierzu wurde auch unser Vorsitzender Jan Peifer als Zeuge vernommen. Die Anwälte der Beschuldigten sind weiterhin der Auffassung, dass das Bildmaterial nicht aus der Stall ist. Dies konnte heute zumindest in Teil widerlegt werden (so unsere Auffassung), denn es wurde das ungeschnittene Videomaterial aus einer der beiden Undercover Recherchen vollständig (über 2 Std.) angeschaut. Einige verletzte Tiere, die auf dem Videomaterial zu sehen sind, wurden auch bei einer Kontrolle durch das zuständige Veterinäramt (ca. 7 Tage später) vorgefunden und dokumentiert. Am nächsten Verhandlungstag, vermutlich am 08.03.2023 soll weiteres ungeschnittenes Videomaterial gesichtet werden, ein Mitarbeitende Person aus dem Betrieb als Zeuge und eine Gutachterin angehört werden. Bereits jetzt haben die Anwälte angekündigt, dass es aus ihrer Sicht noch weitere Verhandlungstage (neben dem geplante 08.03.2023) geben sollte.
Update (31.01.2023) Heute fand vor dem Amtsgericht Papenburg der erste Verhandlungstag statt. Im Vorfeld haben wir zu einer Demonstration aufgerufen, an der sich rund zehn Personen beteiligt haben. Auch zahlreiche Medien sind sowohl zur Demonstration als auch zur Verhandlung gekommen. Vor Gericht kam es heute vor allem zur Beweisaufnahme und zu der Vernehmung einzelner Zeugen. Zudem hat das Gericht in Aussicht gestellt, dass es am 8.3.2023 einen dritten Verhandlungstag ansetzen wird.
Weitere Informationen zu dem Fall: https://www.tierschutzbuero.de/toennies-tierqual/
2020 hat auch RTL Stern TV über den Fall berichtet, hier findest Du einen Mitschnitt der Sendung: