Brisantes Schriftstück zeigt: Die größte Kaninchenzucht Deutschlands in Abtsgmünd bei Ellwangen hat Zulassung für die Haltung von Kaninchen für Tierversuche – Deutsches Tierschutzbüro schreibt Regierungspräsidium in Stuttgart an und fordert Aberkennung

### Dieser Text war Teil einer juristischen Auseinandersetzung zwischen dem Kaninchenzüchter Dr. Zimmermann und dem Deutschen Tierschutzbüro. Zeitweise mussten wir den Text offline nehmen, nach einer gerichtlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart mit Urteil vom 30.08.2023 dürfen wir den Text (unverändert) wieder online stellen, dies erfolgte am 04.09.2023 ###

Abtsgemünd (Ostalbkreis), 24.02.2023. Im Sommer 2022 hat das Deutsche Tierschutzbüro Bildmaterial aus der größten Kaninchenzuchtanlage Deutschlands veröffentlicht. Über Monate hinweg wurde der Betrieb in Abtsgmünd (Ostalbkreis) observiert und die Tierhaltung mit versteckter Kamera dokumentiert. Das Material wurde dem Deutschen Tierschutzbüro zugespielt. „Die Bilder zeigen Tausende Kaninchen, die zusammengepfercht in engen Käfigen leben müssen. Dabei drücken sich die Gitterböden in die empfindlichen Pfoten der Tiere. Artgerecht ist das auf keinen Fall!“, fasst Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro, die Haltung der Tiere zusammen.

Die Videobilder dokumentieren aber noch mehr. So existieren etwa Aufnahmen, die zeigen, wie Mitarbeiter des Betriebs Kaninchen – wohl zu Zwecken der Nottötung – auf den Boden schlagen. Andere Kaninchen werden – wohl ebenfalls zu Zwecken der Nottötung – mit einer Eisenstange geschlagen und über einen längeren Zeitraum liegen gelassen, ohne dass Reflexe geprüft werden oder weitere Maßnahmen erfolgen. Teilweise zeigen die Tiere dabei noch deutlich Anzeichen von Bewusstsein. Wieder andere Aufnahmen zeigen, dass Käfige abgeflämmt werden, während sich noch Tiere in der Nähe aufhalten. „All diese Tiere müssen höllische Qualen durchlitten haben!“, so Peifer.

Auch in den Stallungen herrschen bedrückende Zustände. Eine Veterinärin äußert nach Sichtung der Aufnahmen die Vermutung, dass zahlreiche der gezeigten Tiere erkrankt seien, beispielsweise an Kaninchenschnupfen oder EC litten. Andere Tiere wiesen wohl Spuren von Kannibalismus auf. Auch tote Tiere seien auf den Aufnahmen zu sehen.
Das Deutsche Tierschutzbüro hat auf Basis der Aufnahmen bereits im Sommer 2022 das zuständige Veterinäramt und die Staatsanwaltschaft in Ellwangen informiert. Diese hat die Ermittlungen aufgenommen (AZ 45 Js 9153/22), über den aktuellen Sachstand ist dem Tierschutzbüro aber nichts bekannt.

Die Berichterstattung des Tierschutzbüros ist auch Teil einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen der Dr. Zimmermann GbR sowie deren Gesellschaftern und der Tierrechtsorganisation sowie dessen Vorstandsvorsitzendem. Das Landgericht Ellwangen hat die Berichterstattung durch Erlass einer einstweiligen Verfügung verboten. Es war insbesondere der Auffassung, dass das Tierschutzbüro nicht den Namen des Betriebs hätte nennen dürfen, aus dem die Bilder stammen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich der Meinung mit Urteil vom 01.02.2023 (4 U 144/22) angeschlossen und moniert, dass die Betreiber vor der Berichterstattung jedenfalls hätten angehört werden müssen. Der Verein teilt diese Ansicht nicht und wird die Angelegenheit daher im Rahmen des sogenannten Hauptsacheverfahrens klären lassen, dies notfalls höchstrichterlich. Denn wer einen Gewerbebetrieb führt, in dem es zu erheblichem Tierleid kommt, der muss es sich schon gefallen lassen, dass unter Nennung von Ross und Reiter kritisch über ihn berichtet wird.

Einen Tag vor der Verhandlung beim Oberlandesgericht Stuttgart Ende Januar 2023 hat der Anwalt des Kaninchenzüchters ein Schriftstück vorgelegt, welches aus Sicht des Deutschen Tierschutzbüros Brisanz hat. Denn es handelt sich um einen Bescheid, mit dem der Dr. Zimmermann GbR unter anderem die Erlaubnis zum Züchten und Halten von Kaninchen zu Zwecken der Durchführung von Tierversuchen erteilt wird. Die Gesellschafter der Dr. Zimmermann GbR werden dabei als verantwortliche Personen im Sinne § 12 Satz 1 Nr. 4 TierSchVersV bzw. dessen Stellvertreter genannt.

Die TierSchVersV enthält jedoch zahlreiche spezielle Regelungen zum Schutz von Tieren. So darf eine Tötung von Tieren im Rahmen von Tierversuchen beispielsweise nur von besonders geschultem und überwachtem Personal vorgenommen werden und es sind nur bestimmte Arten der Tötung zulässig. Die Verordnung bestimmt zudem, dass die persönlich Verantwortlichen Abhilfe schaffen müssen, sobald festgestellt wird, dass Tieren vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.

Gerade die Gesellschafter hatten sich im Verfügungsverfahren allerdings mit dem Argument gegen die Berichterstattung gewehrt, persönlich von der Berichterstattung betroffen zu sein, für etwaige Missstände aber nicht die persönliche Verantwortung zu tragen, da diese wenn überhaupt, von Mitarbeitern begangen worden seien.

Das Deutsche Tierschutzbüro hat die Vorlage des Bescheids noch einmal zum Anlass genommen, die Dr. Zimmermann GbR und deren Gesellschafter um Stellungnahme zu den Aufnahmen zu bitten. U. a. wollte die Organisation wissen, ob das Schriftstück des Regierungspräsidiums immer noch seine Gültigkeit hat und ob die Aufnahmen authentisch sind. Ferner wollte das Tierschutzbüro wissen, wie es dazu gekommen ist, dass Tiere auf den Boden sowie ohne anschließende Abschlusshandlung mit Eisenstangen geschlagen und Käfige abgeflämmt wurden und welche Maßnahmen ergriffen wurde, derartige Vorfälle künftig zu unterbinden. Auch wollte das Tierschutzbüro wissen, wie die toten Tiere in den Stallungen zu erklären sind sowie Tiere, die Symptome von Kaninchenschnupfen, EC und Kannibalismus aufweisen.

Der Anwalt der Dr. Zimmermann KG und deren Gesellschafter antwortete darauf unter anderem, dass seine Mandanten die vom Tierschutzbüro behaupteten Zustände im Betrieb der regelmäßigen, auch unangekündigten amtlichen Kontrollen des Veterinäramtes unterliege, nicht bestätigen könnten. Förmliche Beanstandungen habe es bei den regelmäßig durchgeführten amtlichen Kontrollen nicht gegeben.

So genannte Nottötungen dürften im Betrieb seiner Mandanten nur in Ausnahmefällen und gemäß den Weisungen des Arbeitgebers auch nur lege artis durchgeführt werden, wenn die Einleitung oder Fortsetzung einer tierärztlichen Behandlung offenkundig keinen Erfolg verspreche und das Leiden des erkrankten Tieres ohne ein solches sofortiges Handeln erheblich verlängert würde. Natürlich ließe sich in einem Betrieb der Größenordnung des Betriebs seiner Mandanten nicht gänzlich ausschließen, dass Mitarbeiter sich in unbeobachteter Situation den Anweisungen des Arbeitgebers zuwider verhielten. Das deutsche Arbeitsrecht, insbesondere der Datenschutz verbiete es dem Arbeitgeber aber bekanntlich, seine Arbeitnehmer ohne begründeten Verdacht in nicht öffentlichen Bereichen des Betriebes einer ständigen Videoüberwachung auszusetzen. Im Übrigen hielte man sich in jeder Hinsicht an gesetzliche Vorgaben.
Sobald erkrankte oder verletzte Tiere entdeckt würden, würden diese vom übrigen Bestand abgesondert untergebracht und einer tierärztlichen Versorgung zugeführt. Leider ließen sich sogenannte Ausreißer in einem Betrieb der Größenordnung des Betriebs seiner Mandanten naturgemäß nicht ausschließen. Erkrankte, verletzte oder verendete Tiere können gerade nachts nicht so zeitnah, wie es tagsüber gewährleistet sei, aufgefunden werden. Im Übrigen verweist der Anwalt darauf, dass seine Mandanten ständig mit der Optimierung der persönlichen und betrieblichen Abläufe befasst seien.

„Wir möchten ausdrücklich klarstellen, das s wir nicht abschließend beurteilen können, wie die auf den Aufnahmen dokumentierten Handlungen rechtlich zu beurteilen sind, ob diese insbesondere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz oder andere Gesetze und Verordnungen begründen. Auch können wir nicht abschließend beurteilen, ob und in welchem Umfang den Gesellschaftern der Dr. Zimmermann GbR die auf den Aufnahmen dokumentierten Zustände tatsächlich bekannt waren und für diese die Möglichkeit bestand, Abhilfe zu schaffen. Diese Bewertung müssen andere Vornehmen, insbesondere die Staatsanwaltschaft und die Gerichte, und bis zu deren abschließender Bewertung gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung“, so Jan Peifer. Peifer weiter, „Ungeachtet dessen, dass wir entgegen der heute vielfach herrschenden Cancel-Culture Wert darauf legen, mit unseren Berichten niemanden vorzuverurteilen, sind und bleiben die auf den Aufnahmen dargestellten Umstände für uns ebenso unerträglich wie unerklärbar. Kritisch sehen wir vor allem, dass die Aufnahmen vermuten lassen, dass sich das dokumentierte Tierleid offenbar über Monate hinweg abgespielt hat und es sich wohl eher nicht um Ausreißer handelt, wie der Betreiber verharmlosend meint. Wir haben die Aufnahmen heute daher auch dem Regierungspräsidium in Stuttgart zugeleitet und dieses gebeten, die dem Betrieb erteilte Erlaubnis zur Zucht und Haltung von Kaninchen zu Versuchszwecken zu überprüfen und ggf. zu widerrufen. In unseren Augen belegen die Aufnahmen unerträgliches Tierleid. Wer offenbar nicht in der Lage ist, ein solches effektiv zu verhindern, sollte ungeachtet einer persönlichen Verantwortung keine Tiere halten dürfen, auch und insbesondere nicht zu Versuchszwecken.“, so Peifer abschließend.

Ein großer Abnehmer der Kaninchen aus dem Kaninchen-Betrieb ist übrigens die Firma Siemens Healthineers, die in Marburg (Hessen) ein Tierversuchslabor betreibt. Ein Recherche-Team konnte mehrfach einen Tiertransporter von der Zuchtanlage zum Siemens Labor verfolgen.

Weitere Informationen und Videoaufnahmen unter https://www.tierschutzbuero.de/kaninchenzucht-update

 


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Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender Deutschen Tierschutzbüro, Tel.: 0171-4841004 (Jan.Peifer@tierschutzbuero.de)

Das Deutsche Tierschutzbüro e.V. ist ein eingetragener Verein, der sich für mehr Rechte von Tieren einsetzt. Die bundesweit tätige Organisation ist als besonders förderungswürdig anerkannt und gemeinnützig. Weitere Informationen unter https://www.tierschutzbuero.de 

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