Schlachthof Oldenburg: Schockierende Missstände

Im November 2018 deckten wir mit unserer Undercover-Recherche „Realität Schlachthof“ grauenvolle Zustände in einem von Deutschlands größten Rinder-Schlachthöfen mit Bio-Zulassung in Oldenburg auf. Die Aufnahmen zeigten, dass eine Vielzahl von Rindern und Milchkühen unzureichend betäubt und trotz Bewusstseins noch gestochen und getötet wurden. Außerdem wurden Tiere verbotenerweise mit Elektroschockern malträtiert und gewaltsam aus ihren Boxen getrieben. Wir stellten damals eine Strafanzeige, die durch 600 Stunden gefilmtes Beweismaterial sowie ein Gutachten unterstützt wurde.
Der Schlachthof gehörte zu den größten Rinderschlachthöfen in Deutschland und belieferte bekannte Supermarktketten, IKEA und McDonald‘s.
Nun gibt es ein Update zu dem Fall
Nach Veröffentlichung der Aufnahmen schloss der Schlachthof zunächst, wurde umgebaut und dann von der Firma „Goldschmaus“ weitergeführt. Trotz eindeutiger Aufnahmen, die Übergriffe zeigen, wurde das Strafverfahren nun endgültig eingestellt. Es wurde mehrfach Beschwerde eingelegt, ohne Erfolg. Bei der Einstellungsbegründung stützt sich die Staatsanwaltschaft Oldenburg auf ein Gutachten, welches sie beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2019 in Auftrag gegeben hatte. Dieses Gutachten käme zu dem Ergebnis, dass keine Straftaten vorliegen würden. Pikant an der Sache ist, dass uns das Gutachten aus dem Jahr 2019 zugespielt worden ist. Der Gutachter kommt darin entgegen der Aussage der Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis, dass zumindest in zwei Fällen Rinder unzureichend betäubt gewesen seien und dadurch den Tieren erhebliches Leid und Schmerzen zugefügt worden seien. Damit handelt es sich um Straftaten.
4,5 Jahre nach der Veröffentlichung der Bilder kam das zuständige Veterinäramt auf uns zu und hatte Rückfragen bzgl. einiger Datumsangaben, man plane nun wohl ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Verantwortlichen.
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Einstellungsbegründung auch erwähnt, dass gegen einen Mitarbeiter ein separates Verfahren eröffnet wurde, da er ein lahmendes Rind getrieben hatte. Der Gutachter bewertete diesen Vorfall als ordnungswidrig. Für uns ist unverständlich, warum gerade dieser Mitarbeiter und dieser Vorfall hervorgehoben werden, da es im Vergleich zu den dokumentierten Misshandlungen im Schlachthof wie eine Kleinigkeit wirkt. Es wirkt so, als ob hier ein Sündenbock gesucht wird. Wie wir im Juni 2023 erfahren haben, wurde das gerichtliche Verfahren gegen diese Person durch die Zahlung von 1.000 Euro eingestellt.
Schau Dir hier das Video von damals an:




Rückblick
Negativ-Preis „Blutiges Märchenbuch“ (Mai 2019)
Nach öffentlicher Empörung wurde der Schlachthof im November 2018 stillgelegt, aber nie endgültig geschlossen. Im Mai 2019 hat der Fleisch- und Wurstproduzent Goldschmaus angekündigt, den Schlachthof wieder in Betrieb zu nehmen. Goldschmaus war einer der Hauptabnehmer des Oldenburger Betriebs und bereits zu Zeiten der Tierquälerei Miteigentümer zu mindestens 50%. Obwohl Goldschmaus für die Zustände verantwortlich war, übernahm das Unternehmen keine Verantwortung und gab sich als Retter in der Not aus, der den Schlachthof nun modernisiert und tierschutzgerecht umbaut. Um Goldschmaus‘ dreiste Märchengeschichten zu kennzeichnen und zu verdeutlichen, dass das Unternehmen nicht aus der Verantwortung entlassen werden kann, haben wir es mit dem Negativ-Preis „Blutiges Märchenbuch“ ausgezeichnet.



Petition an das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium (April 2019)
Am 15. April überreichten wir unsere Petition an das niedersächsische Landwirtschaftsministerium, die mit 134.789 Unterschriften die Schließung des Skandal-Schlachthofs in Oldenburg forderte. Staatssekretär Rainer Beckedorf und die Tierschutzbeauftragte des Landes, Dr. Michaela Dämmrich, nahmen die Unterschriften von unserem Vorstandsvorsitzenden Jan Peifer entgegen und erkannten damit erneut, wie viele Menschen von den Zuständen im Schlachthof erschüttert waren und eine dauerhafte Schließung forderten. Obwohl unsere Veröffentlichung im November letzten Jahres zur Stilllegung des Schlachthofs führte, war geplant, ihn in diesem Jahr wieder in Betrieb zu nehmen. Jedoch zeigen die Bilder erneut, dass das System versagt und Tierquälerei auch zukünftig fortgesetzt würde. Daher forderten wir die endgültige Schließung des Schlachthofs und haben mit der Petition und der großen Anzahl an Unterschriften die Entscheidungsträger nochmals aufgefordert zu handeln.



Gutachten bestätigte Tierquälerei (März 2019)
Ein juristisches Gutachten, das wir in Auftrag gegeben haben, belegte offiziell, was die Aufnahmen aus dem Skandal-Schlachthof in Oldenburg bereits im Herbst 2018 gezeigt hatten: Tiere wurden in allen Bereichen der Schlachtung grausam und unter Verstößen gegen tierschutzrechtliche und strafrechtliche Normen behandelt. Das Gutachten stellte klar, dass nicht nur Mitarbeitende des Schlachthofs, sondern auch Mitarbeitende des Veterinäramts strafbare Handlungen begangen haben. Trotzdem wurde bislang nur eine vorübergehende Stilllegung des Schlachthofs angeordnet, während eine umfassende Aufarbeitung und Verurteilung der Verantwortlichen ausblieb. Dies ist skandalös, da das Gutachten erneut aufzeigte, dass eine lückenlose Aufklärung und Verurteilung notwendig sind.
Demo „Schlachthof schließen!“ (Dezember 2018)
Am 8. Dezember 2018 haben sich über 450 Menschen aus ganz Deutschland in Oldenburg versammelt, um mit uns für die Schließung des Skandal-Schlachthofs zu demonstrieren. Unser Vorstandsvorsitzende, Jan Peifer, eröffnete die Veranstaltung mit einer Rede und zeigte bisher unveröffentlichtes Videomaterial auf einer großen Leinwand, das niemanden unberührt ließ. In einer emotionalen Protestaktion forderten wir das endgültige Aus dieser unfassbaren Tierquälerei und legten in Gedenken an die dort misshandelten Lebewesen weiße Rosen nieder und hängten ein riesiges Banner mit unzähligen Unterschriften auf.



Strafanzeige gegen Veterinäramt (November 2018)
Unsere Recherche hat eindeutig gezeigt, dass sogar Mitarbeitende des Veterinäramts in den Skandal-Schlachthof involviert waren. Es wurden mehrere Fälle dokumentiert, in denen diese Personen Tiere leiden und gequält haben, ohne einzugreifen. Sie haben auch selbst Hand angelegt, indem sie unzureichend betäubte Tiere abgestochen oder den Bolzenschuss gesetzt haben. Diese Mitarbeitenden haben somit ihre Kontrollfunktion im Schlachthof missbraucht. Wir haben eine weitere Strafanzeige gestellt und forderten Konsequenzen!



ERFOLG! Skandal-Schlachthof stillgelegt (November 2018)
Wir konnten einen bedeutenden Erfolg verzeichnen: Das Schlachthof-Unternehmen hatte angekündigt, den Betrieb sofort einzustellen und reagierte damit auf den starken öffentlichen Druck, der durch die Veröffentlichung von über 600 Stunden Videomaterial mit erschütternden Bildern von Tierquälerei und Missständen entstanden war. Wir haben jedoch weiterhin für die endgültige und dauerhafte Schließung des Rinderschlachtbetriebs gekämpft und eine umfassende Untersuchung aller Hintergründe gefordert. Obwohl der Betrieb vorzeitig geschlossen wurde, ist die Aufarbeitung des Skandals noch lange nicht abgeschlossen und wir standen noch ganz am Anfang!
Protest vor dem Schlachthof und erste Erfolge (November 2018)
Wir haben mit einigen Aktivist*innen direkt vor dem Skandal-Rinderschlachthof demonstriert und die sofortige Schließung des Betriebs gefordert. Unsere Kampagne hat bereits einen ersten Erfolg erzielt: Supermärkte und andere Handelspartner des Schlachthofs haben ihre Zusammenarbeit eingestellt. Unternehmen wie Frosta, die Bünting-Gruppe mit ihren Supermärkten Famila-nordwest, Markant, Combi und Jibi, sowie Norma, HIT-Frische-Märkte, LIDL, Aldi Süd und Nord und der EDEKA-Verbund werden in Zukunft kein Fleisch mehr von der Standard GmbH & Co. KG in Oldenburg beziehen. Auch der Hamburger Zerlegungs- und Veredelungsbetrieb Standard-Fleisch GmbH & Co. KG sowie der Tierfuttermittelhersteller Landguth (u.a. Lieferant von Fressnapf) haben die Lieferbeziehungen zu dem Betrieb beendet.



Nur ein Einzelfall?
Bedauerlicherweise nicht. Wir haben zusammen mit anderen Tierrechtsorganisationen (Soko Tierschutz, Animal Rights Watch, tierretter.de) ein einzigartiges Projekt gestartet: die Karte der Tierquälerei.
Auf der Website tierschutz-skandale.de kannst Du alle Enthüllungen von vier Organisationen einsehen. In den Jahren 2016-2023 wurden bereits über 160 Tierschutz-Skandale dokumentiert. Die interaktive Karte zeigt die betroffenen Landkreise in Deutschland und bietet weitere Details zu jedem Fall.
Zudem gibt es eine Suchfunktion und Statistiken auf einer Unterseite.
Zur Datenbank der Tierschutz-Skandale
Am 13.06.2023 berichtete ARD Fakt über das neue Karten-Projekt und den Fall Schlachthof Oldenburg. Hier findest Du den Link zum Beitrag in der Mediathek.