Was bringt das Tierwohl-Siegel den Tieren?

Was bringt das Tierwohl-Siegel den Tieren?

Ein großes mediales Echo erzeugte vor einigen Wochen die Ankündigung Aldis ab 2030 kein Fleisch mehr aus den Haltungsformen 1 und 2 der “Initiative Tierwohl” zu verkaufen, sondern nur noch Fleisch der Haltungsformen 3 (Außenklima) und 4 (Premium). Medien und einige Tierschutzorganisationen sahen in der Ankündigung gar “das Ende der Massentierhaltung” und kamen ins Schwärmen. Doch die Tatsache, dass 2030 noch in weiter Ferne liegt, die Ankündigung sich bloß auf “Frischfleisch” bezieht und es keinerlei Vorgabe zur Anzahl der gehaltenen Tiere pro Betrieb gibt, lässt berechtigte Skepsis zu. Was bedeutet die Bekanntgabe für das Leben (und den Tod) der unzähligen Millionen Tiere wirklich, die ihr Leben eingesperrt in den Anlagen der Tierindustrie verbringen und auf ihren Tod warten? Welche Rollen spielt das Tierwohl-Siegel für ihre Existenz und Lebensrealität?

 

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Die Initiative Tierwohl

Die Initiative Tierwohl ist ein privatwirtschaftlich organisierter und finanzierter Zusammenschluss von Supermarktketten wie Aldi, Lidl, Edeka, Kaufland, Rewe und Penny sowie Verbänden der Tierindustrie wie dem Verband der Fleischwirtschaft, dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft sowie dem Deutschen Bauernverband.

Jährlich erwirtschaftet die Tierindustrie Profite in Milliardenhöhe mit dem gemästet und töten von Tieren. Wie glaubhaft können Versprechen von “Tierwohl” aus den Mündern jener sein, die ihre Profite aus der Ausbeutung von Lebewesen schlagen?

Die Initiative sieht vier Stufen vor: Haltungsform 1, die niedrigste Stufe, die eine reine Stallhaltung beinhaltet, entspricht den gesetzlichen Mindeststandards. Haltungsform 2 nennt sich Stallhaltung plus und beinhaltet 10 % mehr Platz für die Tiere als Haltungsform 1. Haltungsform 3 wird als Außenklima bezeichnet und beinhaltet “Anreize” für die Tiere wie z.B. größere Fenster und mehr Frischluft. Die Bezeichnung Außenklima ist irreführend, da den Menschen eine Illusion von Tieren mit Auslauf auf Wiesen unter freiem Himmel suggeriert wird. Das ist jedoch weit gefehlt. Es geht bloß um “Anreize” wie Sonnenlicht und Frischluft – auf einer grünen Wiese steht dabei kein Tier. In der Haltungsform 4 Premium steht den Tieren doppelt so viel Platz wie in der Haltungsform 1 zu. Für Schweine würde das konkret 1,5 m² Platz pro Tier bedeuten, statt der üblichen 0,76 m² (wie in Stufe 1). Eine Begrenzung der Anzahl der Tiere pro Betrieb gibt es nicht. Ställe mit 40.000 Tieren sind keine Seltenheit, sondern bei “Geflügel” eher die Regel. Für das Leben von „Masthühnern“ bedeutet die Haltungsform 4 (Premium), dass statt 21 Tieren fortan „nur noch“ 12-14 Tiere auf einem Quadratmeter aneinander gedrängt leben müssen. Zudem soll ihnen während mindestens ⅓ ihrer kurzen Lebenszeit Auslauf zustehen, das bedeutet konkret, dass sie etwa 27 Tage ihres Lebens in einen Auslauf “dürfen”. Die Zahlen machen deutlich, dass hier in keinem Fall von so etwas wie “artgerechter Haltung” oder “Tierwohl” gesprochen werden kann. Es handelt sich um die übliche Massentierhaltung mit minimalsten Zugeständnissen.

Image ist alles

Die Tierindustrie hat nicht erst seit gestern mit Imageproblemen zu kämpfen. Mehr und mehr Menschen erfahren über die Zustände und das Leid in der Tierindustrie. Die Verbraucherschaft ist verunsichert und hier kommen die perfiden Strategien und leeren Versprechen von Tierwohllabels ins Spiel: Es geht natürlich nicht darum, dass den Akteuren der Tierindustrie plötzlich das Wohl von Tieren am Herzen liegt. In der Tierindustrie sind sie bloße Objekte und Waren, mit denen Gewinne erwirtschaftet werden. Die aufkommenden Zweifel der Konsument*innen bringen die Maschinerie der Tierindustrie jedoch ins Wanken. 

Gütesiegel und geschönte Verpackungen mit glücklichen Tiere im Supermarkt sollen der Verbraucherschaft ein ruhiges Gewissen und das Gefühl von Legitimation verschaffen und so eventuelle Zweifel am “Tierwohl” im Keim ersticken. Sie suggerieren, dass es sich um “glückliche Tiere” handelt, welche man mit ruhigem Gewissen konsumieren kann. Nur, wenn die Gewalt, die Brutalität und die Ausbeutung hinter verschlossenen Türen und fernab neugieriger Augen stattfindet, kann die Industrie weiter ungestört ihr Geschäft mit dem Tod betreiben. 

Alles besser in der Bio-Haltung?

Die Initiative Tierwohl wirbt damit, dass die Haltungsform 4 (Premium) vergleichbar mit der Biohaltung sei. Wobei hier auch darauf hingewiesen werden muss, dass es verschiedene Bio-Siegel gibt. Bio ist nicht gleich Bio. Doch alle Bio-Siegeln haben gemeinsam, dass es mehr um Augenwischerei geht. Auch hier handelt es um eine Marketingstrategie, um der Tierindustrie einen grünen und freundlichen Anstrich zu verschaffen. “Bio-Tiere” leiden in gleichem Maße wie ihre Artgenossen in den konventionellen Haltungsformen. Auch ein paar Prozent mehr Platz vermögen nichts daran zu ändern. Am Ende steht für alle der gleiche brutale Tod im Schlachthof.  

Bio ist nicht die Lösung und hilft den Tieren nicht wie die Recherchen von Tierrechtsorganisationen wie dem Deutschen Tierschutzbüro zeigen. Unsere Aufnahmen aus einem Schlachthof in Neuruppin bei Berlin, wo überwiegend “Bio-Tiere” geschlachtet wurden, zeigen massive Übergriffe an Schweinen. Auch dieser Schlachthof war zuvor Teil der “Initiative Tierwohl”.

 

Wer Tieren helfen will, isst sie nicht

Eine wachsende Zahl an Menschen hinterfragt ihren Konsum und möchte nicht, dass Tiere unnötig für sie leiden. Die Tierindustrie missbraucht diese gut gemeinten Zweifel der Verbraucherschaft und inszeniert über Gütesiegel wie z.B. dem „Tierwohl“-Siegel die Illusion von “Artgerechtigkeit” und “Tierwohl”.

Wer Tiere liebt und ihnen wirklich helfen will, kommt nicht umhin, sie vom Teller zu lassen. Alle Tiere wollen nur eins: leben. Du hast bei jedem Einkauf die Möglichkeit, Tierausbeutung nicht länger zu unterstützen. Eine vegane Lebensweise ist der einfachste Weg, Tierleid zu mindern. Unser Einstiegsprogramm Twenty4VEGAN hilft Dir beim Start in ein veganes Leben und zeigt, dass eine vegane Lebensweise kein Verzicht ist, sondern ein neuer Blick auf Tiere, Ernährung und Mitgefühl. Probier’s aus!